Sicherheit in München
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Wie ein Augenblick das Sicherheitsgefühl einer Stadt verändert

Der Tag des Amoklaufes in München und die Tage danach

Der 22.07.2016 schien ein ganz typischer Freitag zu werden. Ich hatte gerade zu Abend gegessen und freute mich auf den Clubbesuch mit einer Freundin, als ich um 18:27 Uhr die Nachricht eines Freundes erhielt: „F***, was geht in München?“ Ich fragte zurück: „Was ist denn los?“ Er schrieb nur: „Schüsse am OEZ, anscheinend Einzeltäteranschlag.“

Von da an versuchte ich zu verstehen, was gerade am OEZ und in München passierte. Zunächst sah ich auf Twitter nach, weil meinem Freund zufolge alle Informationen darüber verbreitet wurden. Auf der Plattform musste ich feststellen, dass nicht Wenige eine Meinung zum Thema hatten und diese sich vor allem durch Spekulationen äußerte. Das Erste, was ich las, war: „Jetzt ist der Terror auch bei uns in der Heimat angekommen“, und Annahmen über mögliche „ausländische“ und „muslimische“ Täter. Wie man im Laufe des Abends und der Nacht feststellen musste, nahmen die Social Media Plattformen eine umstrittene Rolle ein.1 

Um mich genauer zu informieren, schaltete ich die üblichen Nachrichtensender, wie ntv und die Tagesschau ein, auf denen bereits Sondersendungen geschaltet wurden. Viel Neues berichteten diese jedoch noch nicht. Videos von Passanten zeigten das OEZ und die Einsatzkräfte die sich davor befanden. Live-Bilder wurden erst nach einer gewissen Zeit gesendet.

Ich rief meine Eltern an, da ich mir sicher war, dass sie sich Sorgen machten. Ich konnte ihnen sagen: Ich bin sicher. Zuhause in der Wohnung, noch nicht unterwegs, wie wir es eigentlich vorhatten. Wir unterhielten uns ein bisschen.

Im Laufe des Abends gab es immer wieder Meldungen über Twitter und Facebook von weiteren Schießereien in der Innenstadt. Zunächst am (Karlsplatz) Stachus, dann am Isartor. Auch am Marienplatz brach kurzzeitig Panik aus. Nach einer gewissen Zeit konnten diese Meldungen glücklicherweise nicht bestätigt werden. Doch irgendwann ging die Polizei dann davon aus, dass bis zu drei Tatverdächtige in der Stadt flüchtig waren – und bei mir stellte sich ein Gefühl der Unsicherheit ein. In die Polizei und ihre Informationen hatte ich Vertrauen. Vor allem seit dem Besuch unseres Seminars bei der Polizeihauptstelle und dem auch damals sehr kompetent wirkenden Pressesprecher Marcus da Gloria Martins. Dieser Besuch hatte mein Sicherheitsgefühl, das in München sowieso ein sehr positives ist, noch verstärkt. Den Polizeipressesprecher dann in dieser Ausnahmesituation genauso ruhig und souverän zu erleben, beruhigte mich persönlich ungemein. Ich hatte das Gefühl, „die Polizei macht das schon“.

Nach einer kurzen Nacht stand ich Samstag früh auf und brachte mich auf den neuesten Nachrichtenstand. Als ich erfuhr, dass es sich um einen Einzeltäter und einen sogenannten Amoklauf handelte, war ich erleichtert. Auch viele andere Leute, mit denen ich an diesem Tag sprach, spiegelten mir diese Empfindung: Die Tat war schrecklich und grausam, doch die Nachricht, dass es sich um einen Einzeltäter handelte und nicht um einen terroristischen Akt war für die Meisten beruhigend und auch leichter zu akzeptieren.

Eine weitere Erkenntnis, die ich aus diesem Tag zog, war die Tatsache, dass soziale Medien Fluch und Segen zugleich sein können. Einerseits kann man sich schnell über die Sicherheit der Freunde/Familien informieren und Informationen generieren. Andererseits schafft die Verbreitung von Falschmeldungen Unsicherheit in der Bevölkerung, womöglich sogar Panik. Zudem kann das Onlinestellen von Fotos und Videos die Ermittlungen behindern. Auch vor dem Oktoberfest hat die Polizei davor gewarnt keine Falschmeldungen zu posten um keine Panik auszulösen.

Es ist doch erstaunlich wie schnell sich das Gefühl von Sicherheit in einer Stadt nach einem einzigen Augenblick verändern kann… Doch noch auffallender ist es, wie schnell die Menschen wieder zum Alltag zurückkehren und dieses Gefühl wieder in den Hintergrund rückt.

 

Theresa Buchta

Literatur 

mehr dazu in der "Timeline der Panik" der Süddeutschen Zeitung (weiterlesen)