1. „Unser Viertel, Unser Leben, Unser Verein“ - Die „Fußballräume“ einer Stadt
16.02.2017 um 00:00 Uhr
Abbildung 1: Zigarettenautomat in Giesing, beklebt mit Stickern des TSV 1860 München (06.11.2016)
An Fußballspieltagen herrscht oft ein Ausnahmezustand in einer Stadt, der Alltag wird unterbrochen. Verschiedenste Akteure sorgen dafür, dass die Stadt einem anderen Rhythmus unterliegt. In einer Stadt wie München, die zwei Vereine mit starken Fanszenen zu bieten hat, muss an Spieltagen einiges geleistet werden. Polizei, Sicherheitsdienste und die Stadionsicherheit sind Woche für Woche neu gefordert. Die sogenannten „Szenekundigen Beamten“ bewerten jedes Fußballspiel neu. Mit deren Hilfe entscheidet dann der Sicherheitsbeauftrage des Vereines, ob das Spiel aufgrund der Fanszene ein Risikospiel ist und ob gesonderte Maßnahmen dafür aufgebracht werden sollen.
Bei solchen Risikospielen, oder auch Hochsicherheitsspielen, kann es der Fall sein, dass die Ankunft von großen Fangruppen am Bahnhof von der Polizei und dem Unterstützungskommando (USK) überwacht wird und sogar eine Polizeibegleitung der Fans bis zum Stadion erfolgt. Beim angesprochenen Regionalliga-Derby wurden zudem z.B. Straßenzüge so abgesperrt, dass sich die beiden gegnerischen Fangruppen nicht über den Weg laufen konnten.
Infobox 3: §32 Spiele mit erhöhtem Risiko / Spiele unter Beobachtung
a) „Spiele mit erhöhtem Risiko sind Spiele, bei denen aufgrund allgemeiner Erfahrung oder aktueller Erkenntnisse die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass eine besondere Gefahrenlage eintreten wird.“
[…]
c) „Bei Spielen mit erhöhtem Risiko sind die allgemeinen Sicherheitsmaßnahmen mit besonderer Sorgfalt durchzuführen.“
[…]
An Spieltagen sind in München nicht nur der Hauptbahnhof und die zentralen Umstiegs Knotenpunkte in Richtung Stadion, die U-Bahnhöfe Sendlinger Tor und Marienplatz, von Fußball geprägt: Vor dem Champions League Spiel des FC Bayern München gegen Atlético Madrid im Frühling 2016 versammelten sich z.B. hunderte Fans der Gastmannschaft nachmittags am Marienplatz, dem zentralsten und am stärksten frequentierten Platz der Stadt, um sich auf das Spiel einzustimmen. Auch viele Bayern-Fans waren zu diesem Zeitpunkt in der Innenstadt. Für die Polizei bedeutete dies erhöhte Aufmerksamkeit.
Abbildung 2: Versammlung der Fans von Atlético Madrid, vor der Champions League Partie des FC Bayern München gegen Atlético Madrid, auf dem Marienplatz (Frühling 2016)
Die Fans und Zuschauer besetzen vor einem Spiel nicht nur das Stadion, sondern bewegen sich im gesamten Stadtraum. Ihre Bewegungen gilt es aus Sicht der Polizei zu überwachen, um zum Beispiel das Aufeinandertreffen verfeindeter Fangruppen zu verhindern. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf Ultra-Gruppierungen gelegt, die sich, wie im Beispiel des TSV 1860 München vor allem in Giesing aufhalten und den Raum auch vor und während der Spieltage besetzen, um Präsenz in ihrem Viertel zu zeigen. Robert, der 1860-Ultra, erzählt über einen Spieltag:
„Wir sind relativ früh alle nach Giesing gefahren, um da eine gewisse Präsenz in UNSEREM VIERTEL aufzuzeigen und um zu zeigen, wer die Nummer eins in München ist! Es haben sich verschiedene Leute aus der Fanszene getroffen, an unterschiedlichen Orten und Kneipen, um sich auf das Spiel einzustimmen. Hierbei lag die höchste Priorität auf der Verteidigung unseres Terrains.“ii
Abbildung 3: Treffpunkt der Fans vor dem Gründwalder Stadion (28.08.2016)
Theresa Buchta
Hier gehts weiter zu Teil 2: Der Weg zum Stadion und seine (baulichen) Sicherheitsmaßnahmen
Literatur
i Interview Robert (13.09.2016) (weiterlesen...)