Eine Frage des Lifestyles: abgesichertes Wohnen mit urbanem Lebensgefühl
Warum ziehen Menschen in München in Wohnanlagen wie die Therese, die zusätzlich zu Luxus und Service vor allem auch Sicherheit und Abgrenzung versprechen? Aus Sicht derer, die solche Anlagen konzipieren und vermarkten, wie Constanze Regner von der Baugesellschaft artform GmbH, ist vor allem die zentrale Lage für viele Interessent_innen wichtig. Sie wollten „sehr zentral, in einem authentisch urbanen und eigentlich auch recht authentisch münchnerischen, alten Viertel, mit all den Restaurants, Boazn und kultigen Kneipen und netten kleinen Läden“ leben. Die urbane Lage der Therese wird auch als Standortvorteil beworben:
„Bringen wir es auf den Punkt“, heißt es in der Broschüre zum Bauprojekt der Therese, „wohl in keinem anderen Stadtteil ist München so authentisch wie hier. Das vielgesuchte urbane Umfeld findet ganz einfach vor der Haustür statt. Und die Nähe zu den Universitäten, den Museen, zum Englischen Garten und die kurzen Wege in die Innenstadt sprechen für sich. Jetzt können Sie diese Szene mit Ihrer Vorstellung von perfektem Wohnen verbinden“.
Und weiter: „Stil, Chic und Charme sind hier traditionell zuhause. Aber hier wird Identität auch ebenso schnell mit Style verbunden“.
Das authentische München, das sind hier der Englische Garten, die Innenstadt, die Museen, das ist stilvoll leben und Style haben. Das ist das reiche, schicke, distinguierte und gebildete München, das hier in der Maxvorstadt - dem Viertel in dem die Therese stehen wird - gelebt werden können soll.
Ein wichtiger Grund für den Einzug in die Therese ist aus Sicht von Constanze Regner aber auch die Sicherheit. Obwohl die Maxvorstadt „eins der sichereren Viertel in München“ sei, gebe es hier als Uni- und Feierviertel auch ein paar dunkle Ecken. Wenn „dann nachts die Partymeute um die Häuser zieht, und an die Häuser hinkotzt und hinpinkelt und Müll rumliegen lässt und so weiter“, dann müsse man sich ihrer Meinung nach gegen „randalierende Jugendliche“, die Graffitis sprühen und Blumenkübel zerschlagen, „absichern“. Im Fall der Therese wird diese Sicherheit mit zwei durch Tore geschlossene Hofeinfahrten zur Theresienstraße hin hergestellt, durch die man laut Constanze Regner als Nicht-Bewohner_in ohne Chipschlüsselkarte oder die Zustimmung des/der Concierge auf keinen Fall durchkäme; so werde gewährleistet, dass es in der im Innenhof liegenden Wohnanlage trotz des urbanen Geräuschpegels ruhig sei, was ebenfalls ein Anliegen der Interessent_innen und Käufer_innen sei.
Auch die Lenbach Gärten, eine andere abgesicherte Wohnanlage in München, liegen zwar nur einen Häuserblock entfernt vom Hauptbahnhof und im begehrten, hochkulturell geprägten Szeneviertel Maxvorstadt – allerdings auch in der Nähe des Bahnhofsviertels und der Ludwigsvorstadt, einem „gefährlichen Pflaster“, wie mir die Gegend rund um den Hauptbahnhof von Constanze Regner beschrieben wird. Ausländer_innen, Flüchtlinge, Tourist_innen, Drogenabhängige und Alkoholiker_innen, Bettler_innen und kriminelle Banden würden diesen Raum ihrer Auffassung nach unsicher machen. Doch das werde sich bald durch die Renovierung des Bahnhofsgeländes ändern, denn dann werde das ganze umliegende Viertel aufgewertet. Die Obdachlosen, die nachts vor der Benediktinerabtei St. Bonifaz und rund um den Alten Botanischen Garten auf der Südseite der Wohnanlage schlafen, würden dann verschwinden. Genau ‚gegen‘ urbane Tatsachen und Lebenswirklichkeiten wie Obdachlosigkeit richten sich die neuen exklusiven und abschirmenden Wohnkonzepte: Die weniger schön anzuschauenden Realitäten städtischen Lebens im direkten Umfeld der Wohnanlage sollen für die Bewohner_innen unsichtbar bleiben.
Die Therese und die Lenbach Gärten sind also Wohnanlagen für Menschen, die in einem hochkulturell geprägten, hippen und ‚authentischen‘ Münchner Viertel leben wollen, die aber bestimmte urbane ‚Begleiterscheinungen‘ wie die urinierenden Partyleute mit ihren Graffitis sowie generell Müll, Verfall und Lärm nicht mitbekommen wollen. So wird sich von dem Anderen, dem, was man nicht ist und nicht sein will, abgegrenzt. Die Ränder der Urbanität, die sozialen Unterschiede und Härten der Stadt München sind nicht Teil des vermarkteten und inszenierten Lifestyles. Der Bauträger und Projektentwickler Concept Bau (Glockenbachsuiten) begreift entsprechend die Ludwigsvorstadt, in der das 2018 bezugsfertige Bavaria Palais liegen wird, als gleichzeitig „urban-lässig und bürgerlich-konservativ“, wobei im Exposé nachfolgend nur die umliegenden Parks, Kindertagesstätten, Schulen, Museen, Bibliotheken und Theater aufgezählt werden. Wieder finden nur die ‚schönen‘, vorzeigbaren, hochkulturellen Dimensionen des Viertels Beachtung.
Anne Dietrich
Hier gehts weiter zu Teil 3: „Jeder kann sich das nicht leisten“