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Der Diensthund im Gefüge der Polizei

Der Diensthund: Ist er Polizist, Partner oder Hilfsmittel? Dies ist sowohl situations- als auch personenabhängig – folglich variieren das Verhältnis zwischen Mensch und Tier bei der Polizei sowie die Stellung, die dem Hund hier zuteil wird. So wird er in der Informationsbroschüre der Diensthundestaffel als die „Seele“ des_der Hundeführer_in bezeichnet, ist ein vollständiges Familienmitglied, wird vor seiner ‚Einstellung’ teilweise nach ähnlichen Kriterien wie der_die Beamt_in bewertet (unerschrocken, fleißig, mutig) und stellt den einzigen Begleiter seines Herrchens_Frauchens im Streifenwagen dar, obwohl Streifenfahrzeuge sonst in der Regel mit zwei Polizist_innen besetzt sind. Für Hundeführer_innen ist der Hund ein guter Freund und Kollege, dem sie meist blind vertrauen, auf den sie jederzeit zählen können und mit dem sie, beruflich wie privat, ein Team bilden. Das Betten des Vierbeines auf Decken und Kissen in der Transportbox zeigt zwar die Vermenschlichung des tierischen Partners, dies ist aber gewissermaßen naheliegend, wenn man Folgendes bedenkt: „Ich verbring’ ja auch eigentlich, oder nicht eigentlich – ich verbringe mehr Zeit mit ihm [Diensthund Cox, Anm. der Autorin] wie mit meinem Partner [gemeint ist die Lebensgefährtin, Anm. der Autorin].“1

Gleichzeitig wird an den dargestellten Prozessen auch die Überbetonung der Mensch-Tier-Beziehung sichtbar: Den Umgang mit Artgenossen sind Polizeihunde oftmals nicht gewohnt und er gestaltet sich nicht selten schwierig. Ein Grund hierfür könnte sein, dass einige Individuen erst im jungen Erwachsenenalter zur Polizei kommen, wenn die wichtige Sozialisierungsphase (bis zur 14. Lebenswoche) bereits abgeschlossen ist. Hinzukommt möglicherweise, dass dieser Aspekt innerhalb der Polizei wenig wertgeschätzt wird, so mein Eindruck. Dabei entspräche die Annahme, so zwei Fachtierärztinnen für Verhaltenskunde2, Hunde, die sich leicht an den Menschen binden, bräuchten keine Sozialkontakte mit Artgenossen mehr, nicht der Realität. Gerade bei der Diensthundestaffel wäre es ein Leichtes, jene Kontakte mit gemeinsamen Spaziergängen und Ausläufen zu pflegen und dadurch auf Dauer Stresssituationen zu verringern. Die starke Fokussierung auf den_die Polizist_in macht zudem deutlich: Hunde sind bei der Polizei mehr als Hunde, sie sind essentiell für manche Einsatzarten, dabei voll in diese involviert und häufig in gleicher Weise deren Risiken ausgesetzt.

Doch gerade bei Einsätzen kommt auch zum Ausdruck, dass der Hund in erster Linie ein Hilfsmittel ist, welches als ebendieses von offizieller Seite behandelt wird: Befindet sich beispielsweise bei einem Einsatz ein Menschenleben in Gefahr und besteht die Möglichkeit, dass der Hund dieses retten könnte, obwohl sein eigenes Wohlergehen dabei auf dem Spiel steht, so wird von dem_der Hundeführer_in erwartet, dass er_sie den Diensthund einsetzt.
Der Hund im Polizeidienst verstärkt das physische Wirken der Beamt_innen und deren auditive sowie olfaktorische Wahrnehmung (Hunde besitzen über 40 Mal mehr Riechzellen als Menschen). Zeitgleich sind sie ein Mittel des unmittelbaren Zwangs, weshalb sie auch vor dem Einsatz gegen potentielle Straftäter_innen wie eine Schusswaffe angekündigt werden müssen – Diensthunde dürfen demnach unterstützend zur polizeilichen Gewaltausübung herangezogen werden. Hierzu ist die Polizei im Gegensatz zu anderen Behörden berechtigt, um den Staat und die gesellschaftliche Ordnung zu schützen und aufrechtzuerhalten.

Außerdem wird die Unterteilung der polizeilichen Arbeit in das idealtypische Bild des ‚Schutzmannes’ auf der einen Seite, der im Mittelpunkt einer „zivilgesellschaftlichen ‚Bürgerpolizei’“3 steht und sich um seine Stadt sowie sein Viertel kümmert, und den Beamt_innen, die Kriminalität bekämpfen und Straftaten aufklären, auf der anderen Seite auch bei den Diensthunden offenkundig: Sie sind zugleich Schutzhunde und aufgrund ihrer Spezialisierung (wie Rauschgift- oder Sprengstoffspürhund) in der Lage, bei der Lösung von Kriminalfällen mitzuwirken.

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© Foto: Said Burg

Laura-Louise Gettmann




Literatur

1 Dienstgruppenleiter und Hundeführer Christoph am 01.06.2016. (weiterlesen...)

2 Vgl. Interview am Lehrstuhl für Verhaltenskunde, Tierärztliche Fakultät der LMU München, am 04.07.2017. (weiterlesen...)

3 Behr, Rafael (2006): Polizeikultur. Wiesbaden. S. 42. (weiterlesen...)

(Weitere Literatur zu diesem Thema gibts hier...)